Quelle: www.scvoehringen-handball.de
Abschied von der „7“ – Servus, Philipp!
Als er am 16.03.2013 um 19.30 zum letzten Mal in den Sportpark einlief, an Cheerleadern und fahnenschwingenden Fans vorbei, untermalt von der Stimme des Hallensprechers Alois Heinrich, kam schon ein bisschen Wehmut auf: bei den Zuschauern und Fans, bei den Offiziellen, seinen Mannschaftskameraden und zuletzt sicher auch bei ihm selbst. Die Rede ist von Philipp Ostheimer – der langjährige Leistungs- und Sympathieträger hat mit der Begegnung gegen Plochingen nach 13 Spielzeiten im Trikot der Vöhringer „Ersten“ seine Laufbahn beendet.
Angefangen hat es allerdings schon viel früher. Bereits 1987 jagte Klein-Philipp dem Ball hinterher und erlernte bei den „Minis“ die Grundlagen des Spiels. Es folgten erfolgreiche Jugendjahre: von der C-Jugend bis zur A-Jugend war Philipp stets Teil der Vöhringer Landes- bzw. Oberligamannschaften. Mittels Doppelspielrecht war er dann ab der Saison 1998/99 neben der A-Jugend bereits auch in der „Zweiten“ aktiv, zudem gab der gelernte Kreisläufer in dieser Spielzeit auch sein Debüt in der „Ersten“. Fester Bestandteil des Aushängeschilds der Abteilung war Philipp dann ab der Saison 2000/2001, bis zum heutigen Tage trug er ohne Unterbrechung das rot-weiße Trikot und durfte in dieser Zeit einige Erfolge feiern. Zudem betätigte er sich als erfolgreicher Trainer mehrerer weiblicher Jugendmannschaften.
Musste Philipp zu Beginn seiner Karriere aus Ermangelung an Linkshändern oft den „Not-Rechtsaußen“ geben, entwickelte er sich mit den Jahren zum absoluten Allrounder. Egal ob Kreis, Linksaußen, oder – trotz fehlenden „Gardemaßes“ mit einem kernigen Wurf ausgestattet – auf allen Rückraumpositionen, als dynamischer Antreiber und „Unterzahl-Wühler“ – seine Trainer wussten die Vielseitigkeit ihres Spielers stets zu schätzen. Hinzu kam, dass „Ossi“ stets ein „pflegeleichter“, loyaler und jederzeit ehrgeiziger Spieler war. Auch, als er sich in den letzten Jahren verstärkt um sein berufliches Fortkommen kümmerte, was oft mehrwöchige Auslandsaufenthalte verlangte. Folglich litt darunter der geregelte Trainingsbesuch, die Spielanteile wurden weniger, ein Platz auf der Ersatzbank häufiger. Philipp wusste dies professionell hinzunehmen, reagierte weder gekränkt, noch sorgte er für schlechte Stimmung. Auch von „außen“ versuchte er seine Mannschaft, die er so lange als „Capitano“ angeführt hatte, positiv zu beeinflussen, zudem war er sich auch nicht zu schade, in der „Zweiten“ auszuhelfen und auch dort mit wichtigen Toren zum letztjährigen Aufstieg beizutragen.
2007 hat der heute 31jährige es schon einmal versucht, wollte, nachdem der Stress im Beruf zunahm, aufhören. Nach der damaligen Verabschiedung im letzten Saisonspiel stand er aber schnell wieder parat, als Verantwortliche und Mannschaft ihn brauchten. Diese hätten Philipp auch in den nächsten Jahren gerne noch in ihren Reihen gesehen, doch ein tolles berufliches Angebot, verbunden mit einem längeren Aufenthaltsaufenthalt, lässt daraus leider nichts werden, für die „Nummer sieben“ ist nun aber endgültig Schluss mit dem aktiven Handballsport.
Was bleibt, ist die Erinnerung an einen bescheidenen, offenen und sympathischen Menschen und Sportler, dem alle Verantwortlichen, Fans und Freunde der Vöhringer Handballer für seine stets vorbildlichen Leistungen und seine außergewöhnliche Vereinstreue dankbar sind, und dem sie das Allerbeste auf seinem weiteren beruflichen und privaten Weg wünschen!
Statistisches…
Geboren: 20.06.1981
Beginn in der Saison 1987/88 bei den Minis unter Trainerin Lotte Heinrich. (Anm. von Siegfried Scheffold: „Ich vermute, dass er bei einer "Handballschnupperstunde" anlässlich der SCV-Sporttage am 20./21.6.1987 erstmals mit Handball in Kontakt kam“).
1988/89 und 1989/90 spielte er bei den Minis; Trainer waren Bernhard und Martha Erdt, sowie Sylvia Böttinger
Von 1993/94 (C-Jugend) bis 1999/2000 (A-Jugend) ununterbrochen auf HVW-Verbandsebene (LL oder OL)
Ab Saison 1998/99 Doppelspielrecht.
Saison 1998/99: 9 Spiele und 9 Tore in der 2. Mannschaft (Bezirksliga Ulm); Außerdem Debüt in der ersten Mannschaft beim letzten Punktspiel am 24.04.1999 (26:33-Sieg gegen SG Lauterstein)
Saison 1999/2000: Letztes A-Jugendjahr in der Württembergischen Landesliga, 5. Platz, 55 Tore
Saison 1999/2000: Gleichzeitig 12 Spiele und 12 Tore in der 2. Mannschaft (Bezirksliga Ulm)
Übungsleiterschein C-Lizenz 21.09.2002;
Erfolgreicher Trainer diverser weiblicher Jugendmannschaften;
Ab Saison 2000/2001: 1. Mannschaft
Saison 2001/2002: VL-Vizemeister und Aufsteiger in die Württembergische Oberliga
Saison 2003/2004: Bezirkspokalsieger; Finalgewinn gegen die TSG Söflingen
Saison 2005/2006: Württembergischer Meister und Aufsteiger in die Oberliga Baden-Württemberg
16.02.2013: vorläufig letztes WL-Spiel: SC Vöhringen – TV Plochingen
Außerdem "Aushilfe" bei der 2. Mannschaft (Bezirks-Pokalsieg 2006; Aufstieg in die Landesliga 2012)
15 Fragen an Philipp Ostheimer – gestellt von Axel Kächler
Für viele kommt es sicher überraschend, aber Du beendest mit dem Spiel gegen Plochingen Deine lange Karriere als aktiver Spieler beim SC Vöhringen. Mit 31 Jahren gehörst Du ja noch nicht zum „alten Eisen“ – warum hörst Du dennoch schon so früh auf?
Der Grund für meinen Weggang mitten in der laufenden Saison ist, dass ich mich beruflich verändern und ab Anfang März in Singapur arbeiten werde. Klar gehöre ich mit 31 Jahren noch nicht zum alten Eisen, allerdings muss ich schon zugeben, dass das unregelmäßige Training auf Grund meiner Auslandsaufenthalte es immer schwieriger gemacht hat, an das gewohnte Leistungsniveau anzuknüpfen.
Begonnen hast Du als Kreisläufer, hast aber in Deiner Laufbahn fast überall gespielt. Wie kam es, dass Du Dich – als damals schon nicht mehr „ganz junge“ Spieler nochmals so steigern konntest und sogar als Rückraumspieler erfolgreich warst? Der ehemalige SCV-Coach Stephan Hofmeister bezeichnete Dich gerne als „meist unterschätzen Spieler der Liga“.
Es ist richtig, dass ich bis auf Torhüter schon auf allen Positionen eingesetzt wurde und natürlich immer versucht habe, mein Bestes zu geben. Letztendlich entscheidet der Trainer, wo man spielt.
Du bist Deinem Heimatverein stets treu geblieben. Gab es Anfragen anderer Vereine, bzw. kam von Dir selbst irgendwann mal der Gedanke, woanders spielen zu wollen?
Natürlich wurde ich vereinzelt von anderen Vereinen angesprochen, aber ein Wechsel kam nie in Frage. Ich spiele seit 1987 in Vöhringen Handball, und für mich hatte es stets Priorität, Spaß zu haben, mit meinen Freunden Zeit zu verbringen und zusammen für den SCV zu kämpfen.
Kannst Du Dich noch an Dein allererstes Spiel in der „Ersten“ erinnern?
Leider nicht. Ist schon zu lange her (siehe unter Statistisches)
Welches war das wichtigste Tor, das Du je erzielt hast?
Schwierig zu sagen…mit Sicherheit, war der Ausgleichstreffer mit der Schlusssirene in der Hölle Süd in Wangen aus 14 Metern Entfernung eines, an das ich mich gern zurückerinnere.
(Anm. der Red.: Mir würde noch das Tor gegen die SG Lauter in der Aufstiegssaison 2005/2006 einfallen. Philipp erzielte damals quasi mit dem Schlusspfiff das Tor zum 32:31-Auswärtssieg..)
Du trägst Zeit der Karriere die „7“. Hat das einen speziellen Grund?
Um ehrlich zu sein nein. Als ich damals in die Erste kam, mussten die jungen Spieler auf Grund von klaren Hierarchien die Rückennummer nehmen, die noch frei war.
Viele Sportler haben gewisse Marotten, ziehen zuerst den linken Schuh an o. ä. Hast Du ein ähnliches Ritual vor einem Spiel?
Ich esse vor jedem Spiel eine Banane.
Du hast in Deiner langen Karriere einiges erlebt, gute und schlechte Zeiten. Was war der absolute Höhepunkt, was war der Tiefpunkt?
Höhepunkte und Tiefpunkte sind immer sehr stark mit sportlichem Erfolg verbunden. Zu den absoluten Höhepunkten gehörten die beiden erlebten Aufstiege. Es ist einfach ein gigantisches Gefühl so etwas mit der Mannschaft und einem genialen Publikum im Rücken erleben zu dürfen. Ein Tiefpunkt war zum einen der Abstieg aus der BWOL in der Saison 2006/07, aber auch Verletzungen wie mein Mittelhandbruch im letzten Saisonspiel der abgelaufen Saison.
Gab es eine Mannschaft, bzw. einen Gegenspieler, gegen die Du besonders ungern gespielt hast? Bzw. gab es „Lieblingsgegner“?
Natürlich gab es auch Spieler, ohne an dieser Stelle Namen zu nennen, die man nicht seine Freunde nennen würde. Lieblingsgegner gibt es im Speziellen nicht, allerdings waren die Derbys gegen Laupheim oder Blaustein immer ganz besondere Momente.
Du hattest einige Trainer. Mit welchen bist Du am besten klar gekommen, bzw. von welchen hast Du am meisten profitiert?
Im Wesentlichen bin ich mit allen Trainern gut ausgekommen. Ich würde sagen, dass ich mich in den sieben Jahren mit Stephan Hofmeister handballerisch am meisten weiterentwickelt habe. Auch heute habe ich noch ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis zu ihm.
Nach etlichen sorglosen Jahren im (oberen) Mittelfeld der Württembergliga steckt Ihr heuer im Abstiegskampf. Was, glaubst Du sind die Gründe dafür? Bist Du der Meinung, Euch wird der Klassenerhalt gelingen?
Die Gründe für Misserfolg und warum es diese Saison nicht ideal läuft, sind nur sehr schwer zu analysieren. Sicherlich lässt sich beobachten, dass die Leistungsstärke der Mannschaften in den letzten Jahren immer weiter zusammen gerückt ist. Oft entscheiden Nuancen über Sieg oder Niederlage. Wir haben es nach den beiden unglücklichen Auftaktniederlagen nicht geschafft, einen Lauf zu bekommen. Die Frage, ob wir den Klassenerhalt schaffen stellt sich für mich nicht. Die Mannschaft hat sehr viel Qualität und deshalb werden wir auf keinen Fall absteigen.
Wie verbringt Philipp Ostheimer nun seine Wochenenden, nachdem er samstags und sonntags nun nicht mehr in den Hallen Württembergs der Harzkugel nachjagt?
Ich denke, das muss ich auf mich zukommen lassen. Natürlich werde ich mich weiterhin sportlich betätigen, ob es mit Handball spielen sein wird, ist noch offen. Vielleicht werde ich auf ein lang fokussiertes Ziel, einen Marathon zu laufen, hintrainieren.
Wird man Dich evtl. einmal in einer anderen Rolle beim SC Vöhringen wieder sehen, vielleicht als Funktionär?
Das kann ich leider an der jetzigen Stelle nicht beantworten, aber möglich ist alles.
Wenn Du auf Deine Karriere zurückblickst: gibt es etwas das Du vielleicht anders gemacht hättest, das Du gerne noch einmal erlebt hättest, oder auf das Du auch gut hättest verzichten können?
Generell bin ich ein Mensch, der immer versucht nach vorne zu schauen und wenn ich zurückblicke, waren die 26 Jahre beim SCV eine sehr schöne Zeit.
Etwas, das Du Deinen langjährigen Zuschauern und Fans noch sagen möchtest?
Ich bedanke mich bei der Mannschaft, den Fans und dem ganzen Umfeld für die vielen wunderschönen und unvergesslichen Jahre.
PS: Eine Bildergalerie von Philipp Ostheimers letzem Spiel und seiner Verabschiedung finden Sie unter www.illertisser-zeitung.de/bilder.