SKV belohnt sich für „volles Risiko“, am 25.09.2013
25.09.2013, von BENEDIKT RAPP
Handball-Württembergliga Süd: Die Unterensinger lagen bereits mit 20:28 zurück und gewannen am Ende gegen Blaustein 31:30
Nach dem Abpfiff bot die Bettwiesenhalle zwei Bilder, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Lautstark feiernde Unterensinger auf der einen, lange Gesichter zutiefst frustrierter Blausteiner auf der anderen Seite. Was war passiert? Soeben hatte Aufsteiger SKV Unterensingen binnen kürzester Zeit eine 28:20-Führung der Gäste pulverisiert und eine Minute vor Schluss per Siebenmeter das Siegtor zum viel umjubelten 31:30 erzielt.
Mit zehn Toren wesentlich am knappen Sieg der Unterensinger gegen Blaustein beteiligt: Max Schlau (Mitte). Foto: Just
Von Beginn an war das Team von Trainer Benjamin Brack, der seine bewährte Startaufstellung ins Rennen schickte, auf Augenhöhe mit den gut aufgelegten Donaustädtern. Zwar scheiterte die SKV-Offensive immer wieder am stark parierenden Gäste-Keeper Patrick Bieber, doch gelang es, diese Unzulänglichkeiten dank einer gut abgestimmten Abwehr immer wieder auszubügeln. Beim 8:6 konnten sich die Unterensinger „Spitzmäuse“ zum ersten Mal etwas absetzen. Die mit vielen Nickligkeiten geführte Begegnung blieb aber weiterhin offen, weil Blaustein mit Niklas Kiechle über eine sehr agile Rückraum-Mitte verfügte, der seine Nebenleute immer wieder gekonnt in Szene setzte.
„So ein Spiel erlebt man nur alle zehn Jahre einmal“
Unterensingens Trainer Benjamin Brack
Gerade der Blausteiner Mittelmann war es auch, der eine höhere Unterensinger Führung verhinderte, denn obwohl der TSV gegen Ende des ersten Durchgangs drei Zeitstrafen in Folge kassierte, gelang es Kiechle, in Unterzahl seine Farben im Spiel zu halten. „In Überzahl war unser Verteidigungsverhalten am Ende der ersten Halbzeit nicht gut. Wir kassieren in der letzten Sekunde von Kiechle einen Schlagwurf von elf Metern. Das darf nicht passieren“, kommentierte Trainer Brack das Abwehrverhalten seiner Mannschaft.
Nach dem Gang in die Kabine, den die Hausherren mit einer 13:11-Führung antraten, überraschten die Gäste die SKVler und erwischten sie auf dem falschen Fuß. Blausteins Trainer Alexander Zaiser hatte nämlich tief in die Taktik-Kiste gegriffen und Manndeckung verordnet. So wurden Christian Sieger und Oliver Hihn gänzlich aus dem Spiel genommen. Die Folge war, dass der übrige Unterensinger Rückraum den Zugriff auf das Spiel verlor. Pässe kamen nicht an, freie Wurfgelegenheiten wurden ausgelassen, technische Fehler häuften sich. Und die Blausteiner Handballer taten das, wofür sie bekannt und gefürchtet sind: Sie konterten ein um andere Mal eine völlig konsternierte und hilflos wirkende Unterensinger Mannschaft aus. „Zu diesem Zeitpunkt haben wir das Handballspielen eingestellt. Wegen einer einfachen Manndeckung. Das darf uns so nicht mehr passieren“, analysierte SKV-Co-Trainer Achim Nagel.
Volle sechs Minuten warfen die Blauhemden kein Tor mehr und Blaustein zog auf 22:16 davon. Auch diverse taktische und personelle Umstellungen Bracks griffen nicht, seine Schützlinge waren wie von der Rolle und gerieten über 19:25 und 20:28 eindrucksvoll unter die Räder. Doch so leicht gab sich Unterensingens Coach Brack nicht geschlagen, er ging „volles Risiko“ und brachte den siebten Feldspieler. „Da habe ich die Mentalität meines Vaters angenommen“, sagte der SKV-Trainer schmunzelnd. „Wir haben alle taktischen Mittel ausprobiert und den Blausteiner Rückraum manngedeckt.“
Diese Umstellung verfehlte ihre Wirkung nicht. Unter dem Jubel der rund 300 Zuschauer holten die Unterensinger Tor um Tor auf. Hatte Blaustein bisher das Heft in der Hand gehabt, übernahmen es in der 50. Minute die Hausherren und überrannten den TSV sprichwörtlich. Zwar gelang den Ulmer Vorstädtern noch das eine oder andere Tor, doch dem Abwehr- und Angriffswirbel der Gastgeber hatten sie nichts mehr entgegenzusetzen. Sieben Tore in Folge zum 27:28 warfen die Gastgeber und als das 28:29, dann das 29:29 und endlich das 30:29 durch den bärenstarken Max Schlau fiel, gab es in der Halle kein Halten mehr. Das erlösende 31:29 markierte Simon Hablizel direkt im Anschluss vom Siebenmeterpunkt.
„So ein Spiel erlebt man nur alle zehn Jahre einmal“, bilanzierte SKV-Coach Brack, der zudem ein Sonderlob für seinen Torhüter aussprach. „Manuel Lunz hat uns mit seinen Paraden in der Schlussphase die Aufholjagd erst ermöglicht. Jetzt gehen wir zuversichtlich in das Derby.“ Kapitän Sieger trat nach dem Spiel aber sofort auf die Euphoriebremse: „Wir haben zwei Punkte geholt. Nicht mehr und nicht weniger. Mit Wolfschlugen wartet im nächsten Spiel ein ganz harter Brocken auf uns. Deshalb heißt es jetzt schon wieder fokussieren und konzentrieren.“
SKV Unterensingen – TSV Blaustein 31:30
SKV Unterensingen: Lunz, Vogel; Briem, Hihn (1), Rapp, Kazazic (1), Brändle (1/1), Hablizel (7/3), Sieger, Schlau (10), Klenner (9), Bürker (1), Glöckler, Schreiber (1).
TSV Blaustein: Konkel, Bieber; Schmid (3), Graf (7/5), Beschoner (3), Treß (1), Baumann (5), Kiechle (3), C. Spiß (1), S. Spiß (4), Rosenkranz (1), Behr, Möller (3).
Schiedsrichter: Subas/Bauer (Holzheim, Wangen/Börtlingen).
Siebenmeter: SKV 5/4; TSV 4/4.
Zuschauer: 300.